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Von der Allgemeinen Musikgesellschaft zur Basler Orchestergesellschaft

1876 entsteht der Musiksaal am Steinenberg und die Allgemeine Musikgesellschaft wird gegründet. Damit ist das Fundament für eine blühende Entwicklung des Basler Orchesters gelegt, die bis zum 1. Weltkrieg anhält. Als Folge der finanziell schwierigen Nachkriegsjahre entsteht 1921 mit der Basler Orchestergesellschaft eine neue Orchesterträgerschaft. Sie prägt das Basler Orchesterwesen während fast siebzig Jahren und nimmt 1970 mit dem Radio-Sinfonieorchester Basel sogar ein zweites Orchester in ihren Strukturen auf.

1876

Der Musiksaal

Der Musiksaal am Steinenberg ist eines von mehreren repräsentativen Gebäuden des Architekten Johann Jakob Stehlin d. J., welche das Stadtbild Basels gegen Ende des 19. Jahrhunderts prägten. Er gilt als einer der besten Konzertsäle seiner Epoche und ist auch heute noch das Domizil des Sinfonieorchesters Basel. Ab Sommer 2016 ist eine umfassende Renovation vorgesehen, verbunden mit einer Neugestaltung des Erschliessungs- und Foyerbereichs.

Ein Schlüsseljahr

Anfang der 1870er Jahre lancieren der Capell-Verein, die Concertgesellschaft, der Gesangverein und die Liedertafel eine Subskription zugunsten eines neuen Konzertsaals. Die Resonanz ist gross, ebenso der Widerstand: Zu teuer und akustisch ungenügend sei der geplante Saal, zudem sei fraglich, ob das Orchester für einen solchen Saal überhaupt gross und gut genug sei. Doch am 4. Oktober 1876 kann der Musiksaal am Steinenberg eingeweiht werden. Alfred Volkland dirigiert Beethovens 9. Sinfonie. Die Akustik ist exzellent.

Eng mit dem neuen Saal verknüpft ist ein weiterer Meilenstein der Orchestergeschichte: Der Capell-Verein und die Concertgesellschaft, beide finanziell angeschlagen, fusionieren zur Allgemeinen Musikgesellschaft (AMG). Die zermürbende Konkurrenzsituation hat damit ein Ende. Um den Anforderungen des neuen Saals gerecht zu werden, wird unter der neuen Trägerschaft das Orchester aufgestockt: Es zählt nun 52 Mitglieder, 38 davon sind Berufsmusiker.

Das dritte Ereignis des Jahres schliesslich ist die Wahl von Alfred Volkland als Nachfolger des 1875 verstorbenen Ernst Reiter. Volkland ist nicht erste Wahl, man hätte Friedrich Hegar vorgezogen. Der jedoch gab dem attraktiven Angebot des Zürcher Orchestervereins (dem späteren Tonhalle-Orchester) den Vorzug.

1899

Anna Hegner

Die Basler Geigerin Anna Hegner (1881-1963) trat 1900 mit 19 Jahren als erste Frau bei den Streichern in das Orchester der AMG ein. Bereits in jungen Jahren erregte sie als Solistin international Aufsehen, zwischen 1902 und 1925 trat sie siebenmal als Solistin an den Londoner Proms auf. Sie entschied sich jedoch gegen eine Solistenlaufbahn und folgte 1904 einer Berufung als Lehrerin ans Frankfurter Hoch’sche Konservatorium, wo Paul Hindemith zu ihren Schülern zählte. 1908 liess sie sich in Münchenstein nieder und kehrte 1914 ins Basler Orchester zurück, dem sie – mit einem fünfjährigen Unterbruch – bis 1950 die Treue hielt. Ab 1947 bekleidete sie – auch hier als erste Frau – die Position des Konzertmeisters.

Frauen im Orchester

Während viele europäische Orchester bis weit ins 20. Jahrhundert reine Männergesellschaften sind, hat das Orchester der AMG bereits 1899 eine erste Musikerin in seinen Reihen: die Harfenistin Johanna Koch-Amort. Bis zum Ende des ersten Weltkriegs steigt der Anteil weiblicher Orchestermitglieder stetig an, zeitweilig bis zu einem Viertel. Danach sind es wiederum selten mehr als drei bis vier Musikerinnen. Noch 1969 befinden sich unter den 91 Orchestermitgliedern nur fünf Frauen, also etwas mehr als 5 Prozent. Heute beträgt der Frauenanteil rund 29 Prozent.

1902

Hermann Suter

Hermann Suter (1870–1926) zählt neben Friedrich Hegar und Hans Huber zu den wichtigsten Schweizer Komponisten der Jahrhundertwende. Sein bedeutendstes Werk ist das Oratorium Le Laudi die San Francesco aus dem Jahr 1923. Im gleichen Jahr schrieb er die Musik zum Festspiel Wettstein und Riehen, aus dem der bis heute populäre Wettsteinmarsch stammt. Suter leitete nebst dem Orchester auch den Basler Gesangverein und die Liedertafel. Für drei Jahre war er zudem Direktor des Basler Konservatoriums. 1913 erhielt er von der Universität Basel die Ehrendoktorwürde

Mit Suter in die Moderne

Nach 25-jähriger Tätigkeit als Kapellmeister der AMG demissioniert Alfred Volkland. Unter seiner Leitung hat sich in Basel ein Konzertwesen von internationalem Rang entwickelt. Sein Nachfolger wird der 32-jährige Komponist, Organist und Dirigent Hermann Suter. Während sich Suters Kompositionsstil an der Spätromantik orientiert, macht er sich als Dirigent schon bald für die Musik der Moderne stark. Regelmässig stehen Werke von Strawinsky, Bartòk und Honegger auf dem Programm. Nicht immer zu Freude des Publikums: Als er im Januar 1925 Arthur Honeggers Pacific 231 präsentiert, verweigert ihm dieses den Applaus. Worauf sich Suter umdreht und verkündet, er werde nun das Stück zum besseren Verständnis wiederholen. Ein weiterer Schwerpunkt Suters sind Anton Bruckners Sinfonien, die er während seiner 24-jährigen Tätigkeit gesamthaft aufführt. Das Orchester, das Suter 1902 übernimmt, zählt 68 Mitglieder. Nur noch wenige davon sind Laienmusiker.

1903

Die Mahlers in Basel

Während ihres Basler Aufenthalts von 1903 logierten Gustav und Alma Mahler im Hotel Les Trois Rois. Das Bild zeigt das Ehepaar Mahler auf dem Rheinsprung, also auf dem Weg zwischen ihrem Hotel und dem Münster, wo die Proben und Konzerte stattfanden. Mahler war, wie ein Brief an seine Schwester Justine belegt, sehr zufrieden mit der Leistung des Orchesters und des Gesangvereins: «Die drei Proben wären also vorüber. Alles ausgezeichnet vorbereitet, Chor wundervoll... Arnold [Rosé] hätte einen viel schöneren Eindruck als in München. Das Orchester ist entschieden besser, und nimmt sich sehr zusammen, obwohl sie noch immer dumm dreinschauen.»

Gustav Mahler und Richard Strauss

Im Frühjahr 1903 beehren die zwei bedeutendsten Dirigenten-Komponisten der Zeit das Basler Orchester mit einem Gastdirigat. Am 24. März präsentiert Richard Strauss in einem AMG-Extrakonzert unter anderem seine Tondichtungen Ein Heldenleben und Don Juan, und am 15. Juni leitet Gustav Mahler anlässlich des 39. Tonkünstlerfests des Allgemeinen Deutschen Musik-Vereins im Basler Münster seine 2. Sinfonie.

1904

Theaterbrand von 1904

Nach dem Brand des Stadttheater rief die Theaterkommission die Basler Bürger zu einer Subskription auf. In der Schweizer Bauzeitung vom 15. Oktober 1904 hiess es dazu: «Bei dem bekannten Opfersinn der Basler Bevölkerung ist nicht zu bezweifeln, dass bald nicht nur alle Wunden, die der Unfall schlug, geheilt sein werden, sondern dass auch in kürzester Zeit neues Leben aus den Ruinen erblühen wird.»

Ein Brand bringt Geld

Im Oktober 1904 fällt das Stadttheater den Flammen zum Opfer. Bis zu seinem Wiederaufbau im Jahr 1909 wird der Theaterbetrieb eingestellt. Um dem Orchester über die Runden zu helfen, erhält die AMG erstmals direkte Staatsbeiträge (jährlich 25'000 Franken). Mit der Wiedereröffnung des Theaters im Jahr 1909 werden die Staatsbeiträge ans Theater erhöht. Es erhält jährlich 90'000 Franken, mit der Auflage, davon 76'000 Franken als Orchestervergütung an die AMG abzuführen. Das Orchester kann sich vergrössern. Innerhalb weniger Jahre wächst es auf 76 Mitglieder an, 54 davon sind Streicher.

1921

AMG und BOG

Mit der Gründung der BOG konnte die AMG die Trägerschaft des Orchesters abgeben. Gleichwohl blieb sie nebst dem Theater die Hauptnutzerin des Orchesters. Das Orchester der BOG hatte keinen eigenen Kapellmeister bzw. Chefdirigenten, de facto nahm jedoch der von der AMG ernannte Künstlerische Leiter diese Funktion ein. Ebenso ergänzte die AMG für ihre eigenen Konzerte die BOG-Stammformation um den Konzertmeister, die Stimmführer der Streicher sowie Zuzüger. Die durchschnittliche Besetzung bei einem AMG-Konzert zählte rund 80 Musiker.

Eine neue Trägerschaft

Die entbehrungsreichen Kriegs- und Nachkriegsjahre haben Spuren hinterlassen. Die AMG sieht sich nicht mehr in der Lage, das mittlerweile auf 57 Mitglieder geschrumpfte Orchester zu tragen. Nach der Zusicherung eines jährlichen Staatsbeitrags von 100'000 Franken wird 1921 die Basler Orchestergesellschaft (BOG) ins Leben gerufen – als ein Gemeinschaftsprojekt der AMG, der Gesellschaft des Stadttheaters, des Konservatoriums, der Kommission für Volkskonzerte der GGG, des Basler Gesangvereins, der Basler Liedertafel und dem Basler Männerchor. Damit hat das Orchester wie schon 1855 eine Trägerschaft, deren Hauptzweck die Verwaltung des Klangkörpers und seine Vermietung an die verschiedenen Nutzer ist. Es ist ein Konstrukt, welche das Orchesterwesen in Basel bis weit über das Ende der BOG im Jahr 1989 hinaus prägen wird.

1927

Felix Weingartner

Felix Weingartner (1863-1942) war einer der herausragenden Dirigenten seiner Zeit. 1908 trat er an der Wiener Hofoper die Nachfolge Gustav Mahlers an und führte die Wiener Philharmoniker zu Weltruhm. Weniger Erfolg war Weingartner als Komponist beschieden – obwohl er das Komponieren als seine eigentliche Bestimmung betrachtete. Das Sinfonieorchester Basel hat sich unter der Leitung von Marko Letonja dem kompositorischen Schaffen seines früheren Maestros angenommen und zwischen 2003 und 2012 sämtliche Sinfonien Weingartners eingespielt. Das Bild oben erschien mit folgender Bildlegende in der Festschrift zu Weingartners 70. Geburtstag: «Felix Weingartner in seinem Arbeitszimmer. Von links nach rechts: Frau Müller-Martin, die Schöpferin der grosssen Bronzebüste, die in der Geburtstagsmatinée morgen Freitag enthüllt werden soll. Herr Müller-Martin modelliert eine kleine Büste. Der Jubilar ‹sitzt›. Frau Carmen Weingartner-Studer. Fräulein Ilse Schaefer, Felix Weingartners Sekretärin.»

Basel hat einen Pultstar

Im Juni 1926 stirbt Hermann Suter. Die AMG-Kommission bekommt Wind davon, dass sich Felix Weingartner, der gefeierte Chef der Wiener Philharmoniker, für Suters Nachfolge interessiert. Am 26. Oktober schickt sie eine Delegation nach Mannheim, um im Rahmen eines Konzerts mit dem Stardirigenten Fühlung aufzunehmen. Wenig später ist die Sensation perfekt: Felix Weingartner unterzeichnet einen Fünfjahresvertrag mit der AMG und verpflichtet sich überdies, die Leitung des Konservatoriums und mehrere Gastdirigate am Stadttheater zu übernehmen. Weingartners Ankunft in Basel im Jahr 1927 führt zu einer veritablen Euphorie. Über Monate sind sämtliche Konzerte mit dem Dirigenten ausverkauft. 1935 wird Weingartner an die Wiener Hofoper berufen und verlässt Basel. Er bleibt dem Orchester jedoch als Gastdirigent bis zu seinem Tod treu.

1935

Hans Münch

Hans Münch (1893-1983) stammte aus Elsass und studierte ab 1912 am Basler Konservatorium Klavier, Orgel, Violoncello und Komposition. Wie schon Hermann Suter war er zugleich Künstlerischer Leiter der AMG, Dirigent des Gesangvereins und der Liedertafel und Direktor der Konservatoriums. Münch wurde 1939 zum Ehrendoktor der Universität Basel ernannt.

Tradition und Konstanz

Hans Münch, der seit 1925 die Liedertafel und den Gesangverein leitet, wird 1935 Nachfolger von Felix Weingartner. Münchs Programme stehen im Einklang mit dem Publikumsgeschmack und der Ausrichtung der AMG: viel Brahms, Beethoven, Mozart und Schubert, gelegentlich auch französisches Repertoire des frühen 20. Jahrhunderts. Zeitgenössisches ist selten, doch summieren sich in Münchs 31-jähriger Ära doch ein paar interessante Basler Erstaufführungen – unter anderem Strawinskys Petrouchka (1939), Hindemiths Sinfonie Es-Dur (1944) und Klavierkonzert (1964), Martinus 1. Sinfonie (1945) und Oboenkonzert (1966), Brittens Sinfonia da Requiem (1946), Schostakowitsch 5. Sinfonie (1947), Prokofjews 1. (1939) und 2. Violinkonzert (1947), Honeggers Symphonie Liturgique (1951), Rolf Liebermanns Furioso (1952), Bartòks 2. Violinkonzert (1947), 3. Klavierkonzert (1947) und Konzert für Orchester (1953), Bergs Vier Gesänge (1953) sowie K. A. Hartmanns 3. Sinfonie (1953). (In Klammern: Jahr der Basler Erstaufführung).

1947

Hans Ziegler

1948 übernahm Hans Ziegler das Ruder der BOG. Er leitete die Geschicke des Basler Orchesters mit grossem Einsatz über vier Jahrzehnte. Wie auch sein Vorgänger verstand sich Ziegler entsprechend der Zweckbestimmung der BOG als Verwalter des Orchesters und nicht als Direktor oder Intendant. Unter seiner Ägide wuchs die Anzahl der BOG-Musiker von 60 bis zeitweilig auf 165 (1970, für zwei Orchester).

Eine Palastrevolution

Nach dem Ende des 2. Weltkriegs schlägt der Vorstand der BOG eine Erweiterung der Orchesterstellen von 60 auf 64 und eine Anpassung der Gehaltsordnung vor. Den Musikern geht der Vorschlag zu wenig weit. An der Generalversammlung 1947 erscheint statt des der üblichen Handvoll Musiker beinahe das gesamte Orchester und schickt den Antrag bachab. Worauf der Vorstand geschlossen demissioniert. Das macht den Weg frei für eine Reorganisation der BOG: Zeitgemässe Gehaltsbedingungen und Sozialleistungen sowie eine künstlerisch bessere Disposition der Musiker werden durchgesetzt, was dem Orchester auf längere Sicht eine günstige Entwicklung gewährleistet.

1960

Pierre Boulez und Paul Sacher

Pierre Boulez’ Bezug zur Schweiz ist eng mit der Person des Basler Dirigenten und Musikmäzens Paul Sacher (1906-1999) verknüpft. Die beiden Musiker verband eine lebenslange Freundschaft und Sacher unterstützte Boulez unter anderem beim Aufbau des Ircam in Paris. Boulez zeigte sich erkenntlich durch Werke mit persönlichen Widmungen und nicht zuletzt, indem er 1985 sämtliche Manuskripte der Paul Sacher-Stiftung anvertraute. 1999 leitete Boulez das Sinfonieorchester Basel anlässlich der Trauerfeier für Paul Sacher. Im Bild: Paul Sacher und Pierre Boulez im Jahr 1969

Ein ‹Avantgardist› als AMG-Chef?

1960 dirigiert Pierre Boulez auf Einladung von Paul Sacher erstmals in Basel. Zwischen 1960 und 1963 leitet Boulez an der Musikakademie eine Klasse für Analyse und Komposition und in den Sommern von 1965 und 1969 gibt er jeweils dreiwöchige Dirigierkurse. Nach dem ersten Kurs bietet die AMG Boulez den Posten des künstlerischen Leiters an, als Nachfolger des zurückgetretenen Hans Münch. Boulez lehnt ab, weil ihn die Abhängigkeit vom Theater stört und er keine Möglichkeit sieht, die Programme in anderen Städten zu wiederholen. Der französische Dirigent bleibt dem Basler Orchester jedoch verbunden. Im September 2015 veranstaltet das Sinfonieorchester Basel in Zusammenarbeit mit der Paul Sacher-Stiftung ein Konzert zu Boulez’ 90. Geburtstag.

1969

Armin Jordan

International berühmt wurde Armin Jordan (1932-2006) als Chefdirigent des Orchestre de la Suisse Romande, das er von 1985 bis 1997 leitete. Im Juni 2006 wurde Jordan zum Ehrendirigent des Sinfonieorchesters Basel ernannt. Er sollte in dieser Funktion der AMG und dem Orchester als Berater zur Seite stehen. Doch die Zusammenarbeit dauerte nur noch kurze Zeit: Jordan starb am 20. September 2006, nachdem er am 15. September im Orchestergraben des Theater Basel bei der Premiere von Prokofjews Oper L’amour des trois oranges zusammengebrochen war. Jordans Zusammenarbeit mit dem Sinfonieorchester Basel ist unter anderem auf zwei CDs dokumentiert, mit Werken von César Franck bzw. Ernest Chausson. Bild: Armin Jordan vor einem Auftritt mit dem Sinfonieorchester Basel im Jahr 2001

 

 

Ein Opernchef

Unter der Ägide des Theaterdirektors Werner Düggelin wird der Schweizer Dirigent Armin Jordan 1969 1. Kapellmeister und 1973 Musikdirektor am Theater Basel. Die Einstellung Jordans musste Düggelin gegen den Widerstand der Theatergenossenschaft durchsetzen. Doch Jordan avanciert zum Publikumsliebling und ist auch beim Orchester hoch angesehen. Seine Salome, seine Lulu, sein Ring, aber auch Aufführungen von Opern von Schostakowitsch und Zemlinsky sind vielen unvergesslich, die sie erlebt haben.

1970

Das Radio-Sinfonieorchester Basel

Das Radio-Orchester Beromünster wurde 1945 in Zürich gegründet und stand in seinen Anfängen unter der Leitung von Hermann Scherchen und Paul Burkhard. Die prägenden Dirigenten nach seiner Eingliederung in die BOG (unter der Namen Radio-Sinfonieorchester Basel) bis zu der Fusion mit dem Basler Sinfonie-Orchester im Jahr 1997 waren Jean-Marie Auberson, Matthias Bamert. Während den ersten Jahren war das Aufnahmestudios des RSO im Landgasthof Riehen domiziliert, später im Volkshaus. Ursprünglich war dem Orchester eine neues Aufnahmestudio auf dem Bruderholz versprochen worden. Es wurde nie gebaut. Zum Bild: Spiegelkonzert des RSO im Wenkenhof (1972)

Das Radio-Orchester kommt nach Basel

Der Musikmäzen Paul Sacher, führende Vertreter der SRG, die Basler Regierung und der Grosse Rat machen sich für einen Umzug des in Zürich ansässigen Radio-Orchesters Beromünster nach Basel stark. Man erhofft sich dadurch einen Prestigewinn. Geplant ist eine Integration des Radioorchesters als zweiter Klangkörper in die BOG. Die BOG selber beurteilt das Vorhaben skeptisch. Sie kann im Basler Konzertbetrieb keinen Bedarf nach zusätzlichen Orchesterleistungen orten und würde ein Modell mit einem einzigen starken Orchester bevorzugen. Unter Druck gibt sie nach. Und so gibt es ab 1970 unter dem Dach der BOG zwei Orchester mit insgesamt rund 160 Musikern: Das bisherige Orchester der BOG, das jetzt Basler Sinfonie-Orchester heisst, sowie das Radio-Sinfonieorchester Basel.

1972

Moshe Atzmon

Moshe Atzmon (*1931) begann seine musikalische Ausbildung in Budapest und wanderte mit 13 Jahren mit seinen Eltern nach Israel aus. In Tel Aviv studierte er Cello und Horn. Atzmon war unter anderem Chefdirigent des Sidney Symphony Orchestra, des NDR-Sinfonieorchesters und des Tokyo Metropolitan Symphony Orchestra sowie Generalmusikdirektor in Dortmund. Künstlerischer Leiter der AMG war er von 1972 bis 1986.

Mahler-Renaissance

1966 tritt Hans Münch nach 31 Jahren Tätigkeit als künstlerischer Leiter der AMG zurück. Die Position bleibt vakant, bis 1972 der ungarisch-israelische Dirigent Moshe Atzmon zu seinem Nachfolger gekürt wird. Atzmons Programmgestaltung ist ausgewogen und bringt mit Regelmässigkeit auch neue Musik. Vor allem aber bricht er eine Lanze für Gustav Mahlers Sinfonien, die in Basel nach Ende der Ära Weingartner praktisch aus dem Konzertsaal verschwunden waren. Während seiner 14-jährigen Tätigkeit in Basel führt Atzmon alle Sinfonien Mahlers mindestens einmal auf.

1975

«Sprengt die Opernhäuser in die Luft!»

Das neue Theater wurde nicht am Standort des bisherigen Theaters errichtet sondern etwas zurückversetzt. Dadurch konnte das alte Theater während der Bauzeit noch bespielt werden. Als das neue Theater 1975 fertiggestellt war, wurde das alte gesprengt. Basel ist damit eine der wenigen Städte, die Pierre Boulez’ Forderung aus den 60er Jahren wörtlich nahm.

Ein neues Theater

Ab 1972 wird an einem neuen Basler Theater gebaut, 1975 wird es eingeweiht. Sein Wahrzeichen ist sein Dach, eine 60 Meter weite Hängeschale aus Spannbeton. Der Entwurf stammt vom Ingenieur Heinz Hossdorf und den Architekten Felix Schwarz und Rolf Gutmann.

1984

Antal Doráti

Antal Doráti (1906-1988) begann seine Laufbahn als Korreptitor an der königlichen Oper seiner Heimatstadt Budapest. 1939 emigrierte er in die USA, wo er zunächst Musikalischer Direktor des neugegründeten American Ballet wurde um dann prägenden Einfluss auf die Sinfonieorchester von Dallas und Minneapolis zu nehmen. Als Chefdirigent wirkte er später beim BBC Symphony Orchestra London, dem Stockholm Philharmonic, dem Washington National Symphony, dem Royal Philharmonic Orchestra und beim Detroit Symphony.

Conductor in residence

«Antal Doráti kam, dirigierte und siegte» überschrieb der Rezensent der Basler Nachrichten seinen Bericht von Doratis erstem Gastdirigat im Januar 1968. Nach einem weiteren Gastdirigat 1972 kommt es jedoch erst nach 1984 zu einem Wiedersehen mit dem weltberühmten Maestro. Dafür umso häufiger: Zwischen der Demission von Moshe Atzmon und dem Amtsantritt seines designierten Nachfolgers Horst Stein ist das Amt des künstlerischen Leiters der AMG für zwei Spielzeiten vakant. Doráti erklärt sich bereit, eine Anzahl Konzerte zu übernehmen. Zwischen 1984 und 1987 dirigiert er das Basler Sinfonie-Orchester in 17 doppelt geführten Konzerten der AMG.

1987

Horst Stein

Horst Stein (1928-2008) zählt zu den bedeutendsten deutschen Dirigenten der Nachkriegszeit. Er leitete 138 Vorstellungen an den Bayreuther Festspielen, war unter anderem erster Dirigent der Wiener Staatsoper, Chefdirigent des Orchestre de la Suisse Romande und der Bamberger Symphoniker sowie ständiger Gastdirigent bei den wichtigsten Orchesters der Welt. Stein hinterliess zudem eine beeindruckende Diskographie. Allerdings fehlen darin Aufnahmen mit dem Basler Sinfonie-Orchester – auch dies ein Zeichen für die vertrackte orchesterpolitische Situation der 80er und 90er Jahre.

Der Wunschkandidat

Am 9. September 1987 eröffnet Horst Stein seine erste Saison als Künstlerischer Leiter der AMG mit Werken von Henze, Mozart und Schubert. Stein ist der Wunschkandidat des Orchesters. Sein Repertoire ist breit gefächert, mit Schwerpunkten bei Mozart, Richard Strauss und Wagner. In seiner siebenjährigen Tätigkeit in Basel führt er 117 Werke auf, wovon 42 aus dem 20. Jahrhundert stammen. Seine Ära ist von künstlerischen Erfolgen geprägt, doch wie aus einem Interview von 1994 unschwer herauszuhören ist, ist sein Verhältnis zu den Eigenheiten des Basler Musikbetriebs nicht ungetrübt: Für das Basler Musikleben wäre es besser, so Stein, «wenn der Chefdirigent der AMG auch Generalmusikdirektor des Orchesters und der Oper wäre. Andernfalls sind Kollisionen nicht zu vermeiden.»

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